1860

Übernahme der privaten Stiftung durch den Kanton Aargau unter Bei-behaltung des Namens: «Staatliche Pestalozzistiftung».

A. Schmid, Hausvater 1860 – 1876

1864

 

 

 

 

 

 

1864

 

 

 

 

1872

 

 

 

nach 1875

Abbruch des nordseitigen Kreuz-gangs und eines Teils des Ost-Flügels mit dem Kapitelsaal wegen Einsturzgefahr- ebenfalls Abbruch der Nebengebäude von Back- und Waschhaus.

 

Neobarocke  Orgel mit drei Türmen von Orgelbauer Stadtmüller in Hug-stetten i.Br.; eine rein mechanische Schleifladenorgel.

 

Übertritt der gesamten Kirchge-meinde zur christkatholischen Religionsgemeinschaft.

 

Abbruch der Klostermühle im Zusammenhang mit der Verlegung der Durchgangsstrasse Giebenach - Olsberg.

J. J. Widmer, Hausvater 1876 – 1906

1901

 

 

 

1910

Aussenrenovation der Kirche. Fenster in der Süd- und Westfassade werden zugemauert.

 

Innenrenovation der Kirche: Aufguss eines Zementbodens auf den defekten Ziegelboden.

16.Dez. 1913

Brand der oberen über 200 Jahre alte Scheune. Sofortiger Wiederaufbau mit stark reduzierten Abmessungen.

 

Seither haben die Mitarbeiter der  Pestalozzistiftung der allgemeinen Feuerwehrpflicht der Gemeinde nach zu kommen.

«Staatliche Pestalozzistiftung Olsberg»

 

Die ersten 50 Jahre

 

Im August 1860 erfolgte die Aufnahme und Übergabe des Inventars. Am 13. September fand im Beisein einer Regierungsdelegation und der Hauskommission die feierliche Eröffnung des staatlichen Heimes statt. Damit waren aber die Schwierigkeiten, mit denen die private Trägerschaft zu kämpfen gehabt hatte, keineswegs weggeräumt. Der bauliche Zustand der Gebäude war schlecht, die Einrichtung dürftig. Für eine umfassende Sanierung fehlte das Geld. Die aargauische Regierung sah sich schliesslich gezwungen, den nördlichen Teil des Kreuzgangs und einen Teil des Ostflügels abtragen zu lassen.

 

Gemäss erstem Dekret konnten höchstens 24 Kinder Aufnahme finden. Bei der Übernahme galt es allerdings, 15 Knaben und Mädchen weiter zu betreuen. Die Zahl der Kinder stieg rasch an. Gleichzeitig mit der Einstellung eines zweiten Hilfslehrers setzte man die Höchstzahl an verfügbaren Plätzen auf 60 fest.

 

Von nun an wurden ausschliesslich Knaben aufgenommen. Die meisten stammten aus ärmsten Verhältnissen, waren Halb- oder Vollwaisen. Wenige hatten bis zu ihrem Eintritt eine Schule besucht, viele waren im Bettler- und Vagabundenmilieu aufgewachsen.

 

Die Hauptverantwortung in der Führung der Pestalozzistiftung lag beim Erziehungsdirektor. Allerdings hatten auch der Bau- und Finanzdirektor wesentlichen Einfluss in Olsberg. Der Grosse Rat entschied bei grösseren Sachvorlagen, Dekreten und Reglementen abschliessend. Der Regierungsrat wählte die Beamten und die Angestellten.

 

Beamte mit Pensionsberechtigung waren der Hausvater und die definitiv gewählten Hilfslehrer. Angestellte ohne Pensionsberechtigung waren die Hausmutter, die Religionslehrer, Hilfslehrer ohne aargauische Wahl-fähigkeit und später der Aufsichtsgehilfe. Als Dienstboten bezeichnete man Mägde, Knechte, Taglöhner und weiteres Hilfspersonal. Für die Dienstboten und Taglöhner hatte der Hausvater das Recht zur Anstel-lung.

 

Die Aufsichtskommission bestand aus 7 Mitgliedern und verfügte über weit reichende Kompetenzen. Sie traf sich 2-3 Mal jährlich zu einer Sitzung. Einsitz in der Aufsichtskommission hatten je ein Geistlicher der Konfessionen, ein Landwirt, ein Industrieller und ein Arzt. Der Arzt war zugleich Hausarzt und untersuchte jährlich die Zöglinge und hielt dabei Grösse, Gewicht und weitere Ergebnisse schriftlich fest. Ein Mitglied musste in Aarau wohnhaft sein, damit der Kontakt zur Regierung gewährleistet war. Diese Regelung wurde 1918 mit der Schaffung von Telefonverbindungen hinfällig. Die Kommission prüfte und bewilligte jede einzelne Aufnahme oder den Austritt eines Zöglings, kontrollierte Budget und Rechnung, beantragte zur Genehmigung durch die Regierung ausserordentliche Aufwendungen oder dringende Anschaffungen. Der Hausvater hatte lediglich beratende Stimme – auch bei Aufnahmen und Austritten von Zöglingen.

 

Bestandteile des Erziehungsprogrammes waren die Gewöhnung an häusliche und ländliche Arbeit, das Einhalten einer strengen Hausordnung und der Unterricht in der internen Schule. Der Hausvater führte zusammen mit den Hilfslehrern die zwei Schulabteilungen. Jede Abteilung umfasste etwa 30 Schüler, die in vier Klassen aufgeteilt waren. Der Lehrplan der Heimschule entsprach demjenigen der Volksschule.

 

Für die Entwicklung der Pestalozzistiftung war es von entscheidendem Vorteil, dass der selbe Heimleiter während Jahrzehnten erfolgreich wirkte. Belastend hingegen war der häufige Lehrerwechsel. Als Grund für diesen nannte man den Mangel an genügend ausgebildeten Fachkräften. Nicht erwähnt wurden die Arbeitsbedingungen und das umfangreiche Pflichtenheft, das die Hilfslehrer zu bewältigen hatten. Während dem Hausvater und seiner Familie eigene Zimmer zustanden, verfügte der Hilfslehrer über keinen privaten Raum. Er schlief mit den Kindern zusammen. Sein zeitlicher und personeller Einsatz war total und dauerte rund um die Uhr.

 

Diese Wohnweise ermöglichte die ununterbrochene Beaufsichtigung der Schüler, war auf die Dauer aber eine zu grosse Belastung für den Lehrer. Anpassung der Besoldung, partielle Erleichterung im Pflichtenheft, auch die Einstellung eines Aufsichtsgehilfen (Erzieher) vermochten dem häufigen Wechsel der Lehrer nicht entgegenzuwirken.

 

Die Bewirtschaftung des Areals konnte laufend verbessert und die Erträge gesteigert werden. In günstigen Jahren reichte die Ernte für den Eigenbedarf aus. Das Brotgetreide musste zugekauft werden, da der Betrieb auf Milchwirtschaft ausgerichtet war. Um 1910 wurden zur Entlastung des Aufsichtsgehilfen, der bis anhin die Verantwortung für den landwirtschaftlichen Betrieb mitgetragen hatte, ein Melker und ein Ross- und Fahrknecht eingestellt.

 

Arbeit jeder Art füllte den Tagesablauf voll aus. Jeder ob gross oder klein, musste seinen Beitrag leisten. Kurz nach fünf Uhr morgens standen die Knaben auf, kleideten sich und wuschen sich am Hofbrunnen. Vor dem Frühstück musste das Vieh gefüttert, Holz für die Küche bereitgestellt und kleinere Hausarbeit verrichtet werden. Nach dem Frühstück folgte der Besuch der Schule, wenn nicht landwirtschaftliche Arbeiten Vorrang erhielten. Nach dem Mittagessen setzte sich der Arbeitseinsatz auf dem Feld, im Garten und Weinberg fort. Vor dem Nachtessen musste das Werkzeug gereinigt und versorgt werden. Bevor der Tag seinen Abschluss fand, war noch eine Stunde Spiel und Lektüre angesetzt.

 

Die Ertüchtigung des Körpers durch Arbeit, Wandern, Turnen und Baden hatte auf die gesundheitliche Entwicklung des Einzelnen einen positiven Einfluss. Trotzdem blieb Olsberg nicht vor epidemischen Erkrankungen verschont. So verlief 1870 eine Scharlachinfektion in vier Fällen tödlich. Eine Typhusepidemie blieb 1876 glücklicherweise ohne Folgen.

 

Nach dem Austritt erlernten die meisten Burschen einen handwerklichen Beruf. Nur Vereinzelte ergriffen einen Beruf wissenschaftlicher oder technischer Richtung. Um die Jahrhundertwende wurde der Handfertigkeitsunterricht eingeführt, und zugleich eine Knabenmusik gegründet. Beide erwiesen sich als nützliche Instrumente in der Erziehung und in der Förderung individueller Fähigkeiten. Der bauliche Zustand des alten Klosters verschlechterte sich laufend und bereitete zunehmend finanzielle Sorgen. Dabei blieb die Versorgung der Gebäude mit Wasser und Elektrizität weiterhin Wunschtraum. Das Fehlen von elektrischem Licht mochte noch angehen. Die sanitären Einrichtungen aber genügten schon längst nicht mehr. Um der Pflege der Hygiene, wenigstens in den Sommermonaten, gerechter zu werden, wurde beim Violenbach eine Badeanstalt errichtet. Eine richtige Wasserversorgung hätte auch die Einrichtung von Hydranten erlaubt, um einer allfälligen Brandgefahr besser begegnen zu können. Es bestand zwar ein kleiner Weiher, und die Handhabung der kleinen Saugspritze war der Knabenfeuerwehr vertraut.

1914

 

 

 

 

 

 

 

 

1916-1929

 

 

 

1935

 

 

1946

 

 

1948

 

 

1952

 

 

 

 

Abbruch des spätmittelalterlichen Schneggen (altes Treppenhaus im Hauptgebäude); Bau eines andern Turms mit neuer Zweckbestimmung.

 

Verbesserung der Wasserversorgung und Installation der elektrischen Beleuchtung.

 

Rückkauf aller Nebengebäude und Grundstücken mit Ausnahme des Pfarrhauses.

 

Fassadenrenovation von Kirche und Ritterhaus.

 

Wahl der ersten Frau in die Aufsichtskommission

 

Aufhebung der Jauchegrube im Hof und Sanierung der Kanalisation

 

Bau der neuen Küche im Unter-geschoss und Renovation des Speisesaals. Modernisierung der Wasch- und Duschräume mit fliessendem Kalt- und Warmwasser.

1948 Luftbild der Stiftanlage

1957 Ansicht Stift Olsberg

Die Entwicklung der Pestalozzistiftung 1910 bis 1960

 

Die Betriebsführung des Hausvaters Sommerhalder (1907 - 1931) liess in mancherlei Hinsicht zu wünschen übrig. Die Erziehungsdirektion ermahnte den Hausvater immer wieder, das Recht der körperlichen Züchtigung weder dem Lehrer noch den übrigen Angestellten zu überlassen. Ein dunkles Kapitel der Heimgeschichte begann.

 

«Die Schwierigkeit Lehrer zu bekommen wird mit jedem Tag grösser, im Aargau haben wir keine und von den ausserkantonalen bekommen wir jene, die wir nicht haben wollen.» Die Regierung tat sich schwer in der Neubesetzung von Lehrerstellen. Die Kommission befand «In eine Erziehungsanstalt gehören Lehrer und nicht Rossknechte als Aufsichtsorgane hin.» Später wurde die Einstellung eines Aufsehers erneut diskutiert. « … Die Hausmutter gehört zu den Kindern und nicht in den Schweinestall».

 

Hilfslehrer und der neu gewählte Hausvater hatten Mühe die Kinderschar disziplinarisch unter Kontrolle zu bringen. Deshalb kam es häufig zu Entweichungen – oft mehrere Kinder gleichzeitig. Zeitungen berichteten über ungebührliche Körperstrafen in Olsberg. Der Pfarrer klagte über die mangelhafte Begleitung zu den Gottesdiensten. Statt in der Kirche die Zöglinge zu beaufsichtigen besuchten die Lehrer das Wirtshaus.

 

Neben der sich häufenden körperlichen Züchtigung kam es auch zu sexuellen Übergriffen durch Köchin und Dienstmädchen, was fristlose Entlassungen zur Folge hatte. Die Stelle einer Köchin sollte durch einen Koch ersetzt werden. Jedoch hiess es schon bald «… der Koch habe Zöglinge unzüchtig berührt». Der Koch wurde entlassen, an das Bezirksamt verzeigt und später zu drei Wochen Gefängnis verurteilt.

 

Das Strafwesen nahm immer groteskere Formen an: In schierer Verzweiflung scherte man bloss die eine Hälfte des Kopfes kahl! In einer Stellungnahme bedauerte man das Vorkommnis und beschloss: «Die Aufsichtskommission ist der Ansicht, dass dieses Mittel in Zukunft nicht mehr angewandt werden soll.»

 

An der Sitzung der Aufsichtskommission anfangs April 1930 sprach der Erziehungsdirektor erstmals Klartext: «Ich bin auch der Auffassung, dass in Sachen Erziehung eine veraltete Methode in Olsberg herrsche. Es gehe nicht an, körperliche Bestrafung als Haupterziehungsmittel anzuwenden. Der Erfolg wäre besser wenn die Methode eine andere wäre. Nicht mit Schlägen kann man erziehen, die Liebe solle vor allem die Grundlage zur Erziehung sein.» Die Kommission forderte: «Mehr Pestalozzigeist, mehr Liebe, mehr Wärme soll in der Anstalt herrschen. … Die Kinder müssen zuviel arbeiten, dabei werde die Schule vernachlässigt. … Bis jetzt kommt der eigentliche Erziehungsfaktor, das Herz, nicht auf seine Rechnung.»

 

Die Übernahme des Bauernhofes aus dem Privatbesitz durch den Staat löste einen Steuerstreit mit der Gemeinde aus. Es ging der Gemeinde allerdings weniger um die Besteuerung des Hofes, als um eine ihrer Ansicht nach «immense Geldverschwendung von Steuergeldern bei den vorgenommenen Umbauten».

 

Personell änderte sich im Heim wenig. Einzig die Stelle eines Werkführers für die Landwirtschaft wurde neu geschaffen. Im Bereich Erziehung und Schule teilten sich weiterhin der Hausvater, seine zwei Hilfslehrer und ein Aufsichtsgehilfe in die Aufgabe. Die Schülerzahl verminderte sich stetig bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Ab 1950 stieg sie auf 45 und blieb unverändert bis 1974. Immer mehr waren es erziehungsschwierige Buben, die ins Heim kamen.

 

Eine langsame Besserung der pädogischen Verhältnisse gelang dem Hausvaters Wolf Hans Wirz (1942 – 1955). Er war ein ausgezeichneter Pädagoge und Theoretiker. Seine Erfahrungen und minutiösen Beobachtungen von Fallbeispielen publizierte er im Buch «Erziehung in der Anstalt». Er zog sich schon bald aus der Schulstube zurück. Er legte grossen Wert auf die Einhaltung einer strengen Disziplin.

 

Seine Vorstellungen zu den für die Erziehung notwendigen Räumlichkeiten waren richtungsweisend. Er forderte die Renovation und Neueinrichtungen im Hause und die Erhaltung und Neugestaltung der Anlagen – einschliesslich der Kirche. Die meisten seiner Anliegen wurden erst 50 Jahre später umgesetzt. Immerhin löste seine Eingabe eine intensive Planung aus.

 

Im April 1946 feierte man das 100-jährige Bestehen der Pestalozzistiftung mit einer einfachen Feier in der alten Stiftskirche. Als Geburtstagsgeschenk erhielt die Anstalt auf Anregung des Hausvaters den neuen Namen „Staatliche Pestalozzistiftung Olsberg, Heim für schwererziehbare schulpflichtige Knaben“.

 

In der Landwirtschaft kamen etappenweise neue Gerätschaften und Wagen zur Anschaffung. Die Landwirtschaft war aber weiterhin auf die Mitarbeit der Kinder angewiesen. In den Kriegsjahren war der Einsatz aller verfügbaren Hände gefragt – auch in der Bevölkerung. Etliche Bauern mussten in dieser Zeit ihren Aktivdienst leisten. Dies führte dazu, dass die Zöglinge auch bei den Bauern im Dorf zur Mithilfe ausgeliehen wurden. Am Vormittag war grundsätzlich für alle Schule nach Stundenplan. Am Nachmittag versammelte sich die Bubenschar im Hof. Zuerst wurden Buben für den eigenen Betrieb ausgewählt, nachher wählten die Dorfbauern ihre Arbeitskräfte aus. Knaben die für landwirtschaftliche Arbeiten nicht taugten hatten Schule. Leider wurde dieser in der Not geborene Brauch erst 1970 wieder abgeschafft.

 

Die Ferien für die Schüler, die Erzieher und den Leiter dauerten maximal drei Wochen im Jahr. Zusätzlich konnten die Knaben über die Oster- und Weihnachtstage zu ihren Angehörigen reisen. Während von 1950 an die Heime allgemein ihre Erziehungssysteme zu überdenken begannen und sehr oft Wohneinheiten schufen, die das Erziehen in Kleingruppen ermöglichten, blieb Olsberg vorderhand dem Kollektivsystem treu. Dies lag einerseits am akuten und langjährigen Mangel an guten Mitarbeitern. (Eine Heimerzieherschule gab es damals im Aargau noch nicht.) Andererseits belastete das Heim die Ungewissheit, ob der Staat es nicht an einen anderen Ort im Kanton in neu zu erstellende Gebäude verlegen und im Kloster Olsberg eine landwirtschaftliche Schule einrichten würde.

1965-1967

 

 

1967

 

 

1971

 

 

 

1972-1981

Renovation Hauptgebäude (ohne Kreuzgang).

 

Schliessung der Kirche wegen Baufälligkeit.

 

Aufhebung der Milchwirtschaft. Der Landwirtschaftsbetrieb betreibt nur noch Obst- und Ackerbau

 

Gesamtrestaurierung Klosterkirche.

1960 - 1975 von der schweizerischen Heimkampagne unberührt

 

Der Hausvater vertrat stark hierarchische Strukturen mit klaren Vorstellungen zu Disziplin und Ordnung. Die Lehrer waren enger in Entscheidungsprozesse eingebunden als die Erzieher. Diese hatten sich den Entscheiden unterzuordnen und zu gehorchen. Das weibliche Dienstpersonal besass keine Er-ziehungsfunktionen und es war ihnen untersagt sich mit den Knaben einzulassen. Einzig die Hausbeamtin hatte Kontakt zu den Kindern. Sie verwaltete die Kleiderkästchen, gab frische Kleider heraus und verteilte den Bettnässern jeweils frische Bettwäsche. Jeden Montagvormittag wurden unter Kontrolle von Hausvater und Hausbeamtin die Sonntagskleider geklopft, gebürstet und dann ordentlich versorgt. Erst dann begann die Schule.

 

Der Hausvater reglementierte auch die Kontakte der Mitarbeiter untereinander. So war es Lehrern und Erziehern nicht gestattet sich im «Damenstock», in den Zimmern der weiblichen Angestellten im Dachgeschoss aufzuhalten. Andererseits war er bestrebt für die Nicht-Lehrer eine Art Weiterbildung anzubieten. Zusammen mit aargauischen Heimleitern organisierte er Erziehungs-Tageskurse. Aus diesen Kursen erwuchs die Gründung der Aargauischen Fachschule für Heimerziehung im Jahre 1973. Olsberg schickte damals vier Absolventen in den Pilotkurs.

 

Bis 1962 war das Umbauprogramm abgeschlossen mit Ausnahme der Fassaden, die erst 1966 saniert wurden. Die Waschküche wurde ins Obergeschoss und die Waschräume näher zum Schlaftrakt verlegt. Im freiwerdenden Raum entstand ein Handfertigkeitsraum.

 

Mit der Absenkung des Hofes entstanden statische Probleme an der Stiftskirche. Deshalb musste die Süd- und Westfassade gesichert und provisorisch saniert werden. Die Kirche wurde nun wegen Baufälligkeit geschlossen. Mit dem Aushubmaterial des Hofs wurde der Badeteich zugeschüttet. Damit verloren die Stiftsknaben die Möglichkeit im Sommer zu baden. Als Ersatz besuchte man das Schwimmbad in Rheinfelden. Dort waren sie vorerst nur geduldet, denn sie durften die offiziellen Garderoben nicht benutzen. Als Umkleideraum diente das Gerätemagazin des Bademeisters.

 

Der Grosse Rat beschloss 1971 die Sanierung der Stiftskirche. Für die Sicherheit von Kindern und Mitarbeitern begann man 1973 eine Brandmeldeanlage einzurichten.

 

Zufolge der anhaltenden Milchschwemme beschloss die Regierung die Milchwirtschaft aufzugeben und versteigerte im Frühling 1971 alles Vieh.

 

Im Prospekt von 1970 hiess es «Die ein  und ausgehende Post untersteht der Kontrolle der Hauseltern.» Die Zensur wurde eisern gehandhabt. Bekam ein Kind ein Päckchen wurde dieses im Beisein des Hausvaters geöffnet. Den süssen Inhalt konnte das Kind in den folgenden Tagen portionenweise im Büro abholen.

 

Die Ferien für die Kinder wurden ab 1970 verlängert. Die Knaben konnten nun auch im Frühling und Herbst je eine Woche nach Hause. Die Sommerlager wurden ausgedehnt. Ein Mitarbeiter war mit 5 – 6 Knaben und einem grossen Zelt während fünf Tagen unterwegs. Mitreisen konnten allerdings nur diejenigen, die nicht «fluchtgefährdet» waren. Erstmals wurde auch 1970 ein einwöchiges Skilager eingeführt. Der Transport von Schülern und Skimaterial erfolgte mit dem Viehwagen zum Bahnhof Rheinfelden.

 

1971 kaufte das Stift den ersten Schulbus. Der erste (geschenkte) Fernseher fand im Oberstufenzimmer seinen Platz. Da wurde es je nach Programm recht eng im Zimmer. Ein drittes Schulzimmer konnte in den Folgejahren aus personellen Gründen nicht immer genutzt werden.

 

Zwei oder drei Lehrer, drei Erzieher und eine Erzieherin war das Betreuungsteam für 45 Kinder. Einmal im Monat kam ein Coiffeur vorbei um den Knaben die Köpfe kurz zu scheren. Dieser alte «Brauch» fand mit der Demission des Coiffeurs 1971 ein Ende.